alter mater

L’Alter Mater, Treffen von Sprachen

 

Massimo Bignardi

Es besteht kein Zweifel, dass neue kreative Prozesse, die durch die neuen Technologien ermöglicht werden, in der aktuellen Kunstpraxis Aufwind erhalten.

Ich denke dabei vor allem an die neuen Modellierungstechniken die durch die tägliche Weiterentwicklung der digitalen Technologien voranschreiten.

Was immer wieder ins Spiel gebracht wird, ist die Beziehung zwischen Realität und ihren Ausprägungen, aber auch die Aufforderung zu neuer technologischer Phantasie, die eine neue Sprache mit sich bringt und den vorhandenen Umfang künstlerischer Praktikten des 20. Jahrhunderts erweitert.

Auch die Fotografie (ich beziehe mich auf die Analoge) und das Kino, so wichtig und zentral im letzten Jahrhundert, lassen Raum für neue Ansätze, die mit der bisherigen Technik nichts mehr gemein haben.

Antonio Ambrosino ist ein junger neapolitanischer Künstler, den ich seit langer Zeit folge. Zunächst wurde ich durch seiner Gestaltung plastischer Formen, die sein Interesse für die Skulptur im städtischen Raum verdeutlicht, neugierig gemacht. Infolge durch seine geometrischen Oberflächen von Körpern und letztlich durch seine digitalen Werke. Letztere Kompositionen sind durch die Möglichkeiten der Software getrieben und durch das Fenster des Monitors, welche erlauben, einen Einblick in seine Phantasie zu erhalten und surreales Gebiet zu betreten.

Für das dem Magnificat gewidmete Werk (es verweist auf das Treffen zwischen Maria und ihrer Cousine Elisabeth) hat Ambrosino eine virtuelle Skulptur gewählt. Beim ersten Entwurf einer dreidimensionalen Struktur stand die Idee, an der symbolischen Form eines Ei zu arbeiten, im Mittelpunkt. Das Ei steht als Symbol für die Mutterschaft. Alter Mater ist eine Komposition aus mehrere Kunstformen. Allem voran die Fotografie, mit dem Ziel, den Realismus und die Objektivität mehrere Symbole wie die Rose (für das Jesuskind) und den Tropfen (Johannes) darzustellen. Weiters steht die digitale Kreation im Vordergrund. Ein geduldiger Prozess malerischen Schöpfens die auf die Struktur einwirkt. Eine Struktur, die aus scheinbar per Mausklick unzählbar duplizierten Engelsflügeln besteht. Diese Struktur zeichnet den porösen Hintergrund des Werkes. Ambrosino nutzt die Software und ihre Möglichkeiten, ohne auf die Qualität der traditionellen Malerei zu verzichten, symbolische Verknüpfungen zu stricken: So verweist er auf die zentrale Figur (den göttlichen Blick) aber auch auf den Engelschor bei der Krönung der Jungfrau von Fra‘ Angelico. Er modelliert das Bild durch helle Teilbereiche und hält die Transparenz hoch, um dem Licht die Möglichkeit zu geben, durchzukommen und der Beobachtung einen taktilen Aspekt zu verleihen. Es ist kein Licht, das irdische Dinge reflektiert. Vielmehr ist es eine Licht, dass den immateriellen Körper aufgrund der fehlenden Schwerkraft, des Raum und des Monitors durchdringt und sich ohne Mediation in unserem Gedächtnis fixiert.

Aus dem Katalog der 13. Biennale für sakrale Kunst im Museum Stauròs d’Isola Gran Sasso (Teramo).

2007 - light box - 100 x 150 x 20 cm